Timo Plattner und Simon Linnemanns – Internationales Projektmanagement bei Siemens: Mobility Turnkey Solutions
Internationale Projekte für Bahngesamtanlagen
Unter einem Turnkey-Projekt versteht man die Lieferung einer schlüsselfertigen Gesamtanlage. Der Bereich Mobility Turnkey Solutions (MTS) ist bei Siemens verantwortlich für die Akquisition und Abwicklung von Turnkey-Projekten in den Bereichen Rail und Road & City Mobility. Im Rahmen der Konzeption, Optimierung und Implementierung dieser Gesamtanlagen durch die beteiligten Geschäftseinheiten übernimmt MTS das Projektmanagement sowie die Systemgesamtintegration.
Derzeit baut Siemens unter anderem Bahngesamtanlagen in Riad (Saudi-Arabien) und Doha (Katar). Viele erfolgreich umgesetzte Turnkey-Projekte, zum Beispiel in Bangkok (Thailand) und Edinburgh (UK), sind bereits in Betrieb. Im Gespräch mit Zukunftsbranche Bahn berichten Timo Plattner und Simon Linnemanns von ihren Projekterfahrungen und geben einen Einblick in das Tagesgeschäft.
Herr Linnemans, Herr Plattner, Sie arbeiten beide bei Siemens im Bereich Mobility Turnkey Solutions an internationalen Großprojekten für Bahngesamtanlagen. Was versteht man darunter?
Plattner: Man muss sich vorstellen, dass Bahngesamtanlagen aus unterschiedlichen Systemen, Produkten und Komponenten bestehen, wie zum Beispiel Gleis, Oberleitung, Signal- und Leittechnik bis hin zu Fahrzeugen. Diese einzelnen Gewerke werden von verschiedenen Siemens-Bereichen geliefert. Darüber hinaus gibt es oftmals noch mehrere Bau- und Konsortialpartner. Wir tragen in diesen Großprojekten die Gesamtverantwortung für das Projektmanagement und die technische Systemintegration der beteiligten Gewerke sowie für die Koordination der einzelnen Stakeholder, zum Beispiel Kunden oder Unterlieferanten.
Linnemans: Der Kunde könnte diese Rolle natürlich auch selbst ausfüllen. Aufgrund der hohen Komplexität dieser Gesamtanlagen übertragen jedoch zahlreiche Kunden diese Aufgabe an Siemens, da wir über die Erfahrung und das Know-how verfügen. So erhält der Kunde alles schlüsselfertig und aus einer Hand.
In welchen Funktionen sind Sie in diese Projekte involviert?
Linnemans: Angefangen habe ich vor Jahren als Ingenieur im Energiebereich und war verantwortlich für das Design und die Konstruktion von Nieder- und Mittelspannungsanlagen. Mit der Zeit habe ich mich dann stärker in Richtung Projektmanagement entwickelt. Nach mehreren internationalen Einsätzen, zum Beispiel in der Türkei, habe ich nun zuletzt als Projekt-Direktor das Tram-Projekt in Edinburgh erfolgreich abgeschlossen und an den Kunden übergeben.
Plattner: Ich befinde mich jetzt seit zwei Jahren in Doha und arbeite aktuell am Projekt Qatar Education City People Mover System. Angefangen habe ich als Interface Manager, das heißt, ich habe die technische Schnittstelle zwischen Siemens, dem Kunden und den Baupartnern koordiniert. Aktuell bin ich als System Integration Manager tätig. Meine Delegation nach Katar habe ich vor Kurzem um ein weiteres Jahr verlängert.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Linnemans: Der Alltag ist stark von Kommunikation geprägt. Es gibt im Grunde täglich Meetings mit internen und externen Stakeholdern. In mein aktuelles Projekt sind ein Kernteam von rund 40 Mitarbeitern vor Ort sowie einige weitere Experten an anderen Standorten mit eingebunden. Einen Tag nur am Schreibtisch sitzen, das gibt es nicht.
Plattner: Das kann ich bestätigen! Mein Beruf erfordert ebenfalls ein hohes Maß an Interaktion. Als Ingenieur muss man nicht nur technisches Wissen mitbringen, sondern man benötigt auch die Fähigkeit, die verschiedenen Schnittstellenpartner zu koordinieren und die unterschiedlichen Interessen optimal miteinander in Einklang zu bringen. Ein gutes Beispiel dafür ist eine Straßenkreuzung. Die Elemente der Signalanlagen für Schienen- und Automobilverkehr werden von unterschiedlichen Partnern geliefert. Dies muss im Zusammenhang mit dem Bahnbetrieb, der Straßenverkehrs- und der Landschaftsplanung betrachtet werden. Um die Signalanlage nun optimal abstimmen zu können, muss man nicht nur die Technik verstehen, sondern auch Überzeugungsarbeit bei den Partnern leisten.
Linnemans: In diesen Alltag mischen sich dann aber auch diese speziellen Tage, die in besonderer Erinnerung bleiben. Letztes Jahr ist die erste Tram in die Innenstadt Edinburghs gefahren. Nachts, vorbei am Edinburgh Castle, vor vielen Zuschauern – das sind dann wahre Erfolgsmomente für alle Beteiligten.
Und was ist das Besondere in der täglichen Arbeit?
Plattner: Ich denke, die Vielfältigkeit – und das in mehrerer Hinsicht. Man arbeitet an vielen verschiedenen Themen beziehungsweise Teilprojekten und steht in Kontakt mit den unterschiedlichsten Interessengruppen. Dazu kommt in internationalen Projekten natürlich auch der interkulturelle Aspekt. Man hat jeden einzelnen Tag die Möglichkeit, sich fachlich wie auch persönlich auf verschiedenen Ebenen weiterzuentwickeln.
Linnemans: Außerdem herrscht in einem Projekt immer eine besondere Dynamik. Jeder neue Tag ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Überraschung. Man sieht morgens in seinen Kalender und denkt sich: „Heute wird ein ruhiger Tag“ – und geht am Abend mit dem Gedanken nach Hause: „Wow, was für ein Wahnsinnstag“.
Und wie fühlt sich das dann an, wenn ein Projekt erfolgreich abgeschlossen ist?
Linnemans: Wenn ein Projekt erfolgreich an den Kunden übergeben wurde, ist das eine tolle Teamleistung und wird natürlich entsprechend im Team gefeiert. Das gehört einfach dazu!
Plattner: Man ist einfach stolz auf das, was geleistet wurde, und auf alle, die daran mitgearbeitet und sehr viel Zeit und Energie investiert haben. Da kommt ein befreiendes Gefühl auf.
Linnemans: Ja, wenn man „sein“ Projekt dann erfolgreich abgeschlossen sieht, fühlt man sich wie ein Champion. Ganz nach dem Motto „Yeah, we made it!“